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1 colli, Skulptur 2006

Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur; Tischlerplatten Spiegel, Dispersionsfarbe, Videoprojektion, ca. 220 x 500 x 250 cm



Ausgangspunkt der Arbeit 1 Colli (1 Colli = 1 Frachtstück) ist eine Versuchsanordnung mit der Fragestellung: Welchen Einflüssen ist ein Kunstwerk beim Eintritt in das Museum ausgesetzt, und wie sieht seine Form aus, wenn das Werk allen technischen Notwendigkeiten klaglos folgt und für sich lediglich in Anspruch nimmt, als geschlossener Block so groß als möglich zu sein ? Mit strenger Präzision spielt Balthaus die Frage an einem Modell durch: Die erste, grundsätzliche Beschränkung beim Eintritt in das Haus ist der Lastenfahrstuhl. Fixgröße für die maximale Form ist demnach: Länge x Breite x Höhe des Aufzugs. Die weitere Form der Skulptur entsteht nun nicht durch die individuelle Handschrift des Künstlers, sondern richtet sich präzise bis  ins  Detail  nach  den   Einschränkungen

des Hauses auf dem Weg der Skulptur zu ihrem Bestimmungsort,  dem Ausstellungsraum und der für sie vorgesehenen Stelle im Depot. In die Form schreiben sich dabei Türhöhen genauso ein wie Lüftungsschächte, Raumvorsprünge und nötige Transportvorrichtungen zum Bewegen der Arbeit. Diese werden, dem klassischen Prinzip der Bildhauerei folgend, aus dem weißen Grundkubus ausgeschnitten. Weil die im Lastenfahrstuhl stehende Skultur die Aufzugbeleuchtung verdeckt, werden die ungünstigen Lichtverhältnisse durch lichtführende Spiegel an der Skulptur verbessert. Die ausgestellte Arbeit wird so zur Summe der Bedingtheiten, denen sie im Ausstellungsraum ausgesetzt ist, und macht diese Skulptur im Raum sichtbar. In der Ausstellung selbst ist die Skulptur und das Video zu sehen, auf dem die Anlieferung und der Transport im Haus dokumentiert ist. Auf subversive Weise durchleuchtet Balthaus damit das sonst für die Besucher verborgene Zwischenreich des Kunsthandlings im Inneren - das Atelier des Bildhauers als Museum.

 

Guido Fassbender


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