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zur Ausstellung

Das ‘treading water’ des Ausstellungstitels wäre mit „Auf-der-Stelle-Treten” idiomatisch korrekt übersetzt. Nur bleibt das Wasser auf der Strecke. Immerhin in der griechischen Philosophie eins der vier Grundelemente allen Seins. Im chinesischen Daoismus, auch im Buddhismus, werden daraus fünf, aber natürlich zählt auch das Wasser dazu. „Wassertreten", die wörtliche Übersetzung des ‘treading water’, macht es in dieser Hinsicht besser. Landet aber bei Kneipp’scher Kur, die mittlerweile von einer blühenden Wellness-Industrie vereinnahmt ist.

Nun führt der Bezug auf die wechselvolle Kulturgeschichte des Wassers für Isabel Zubers Arbeit weder ganz in die Irre, noch sehr weit. Zubers ‘treading water’ ist nicht viel mehr als Besinnung auf ein zweckloses, schlicht physisches Tun. Das immerhin beim unspektakulären Gang durchs seichte Wasser am Meer Vergnügen bereitet. Auch wenn und vielleicht weil man dabei nicht wirklich vorankommt und schließlich kehrtmachen muss.

Die Ausstellung ‘treading water’ stellt Zubers repetitive, oft serielle und wesentlich performative zeichnerische Praxis vor. Im kleinen, ganz kleinen und im großen Format, als ephemere, oftmals raumfüllende Wandarbeit in situ und schließlich als Performance des zeichnerischen Akts ist sie vor allem das: ein zweckloses, physisches Tun. Das vergeht. Das im Tagestakt Konvolute ungezählter Blätter hervorbringt, das, ähnlich überbordend, im großen Format übers Gesichtsfeld hinaus greift oder schließlich im beidhändigen Schreibakt das lang ausrollende Papier bis zu den weit ausgestreckten Armen ausmisst. Der Schreibakt bietet auch im kleinen Format stets nur einen unvollendeten und unlesbaren Satz. Mikrogramme (und Makrogramme), die aber nichts verschlüsseln und nichts zu entschlüsseln geben. Zeichnungen, die in einer Art parasprachlicher Prosodie das Singen des Satzes notieren; auf einer dem Phonem nachgelagerten Ebene, diesseits und jenseits schriftsprachlicher Signifikanz. Ein Gehen- und Geschehenlassen, dem es in immer neuen Versuchen immer nur ungefähr gelingt, von Wichtigkeiten und Bedeutung abzusehen, das Zwecklose zu versuchen.

Vor allem im kleinen Format sind diese Zeichnungen wie stills eines Films, der schon seit langem läuft. Dafür mag auch ein Selbstportrait aus dem Jahr 2003 stehen. Ein 52-minütiges Video, das als bewegtes Stilleben ihr kaum bewegtes Gesicht zeigt. Ein Portrait, das auf der Stelle tritt und nie die Absicht hatte, auf den Punkt zu kommen. Man muss schließlich kehrtmachen.

Zugleich ist trotz der Einbindung ihrer Zeichnungen ins Serielle, in die einübende Wiederholung, trotz der performativen Eigenart ihrer Arbeit, die Gültigkeit des einzelnen Blatts nicht in Abrede gestellt. Zubers Arbeiten finden in jedem Format zu einem zeichnerischen Schluss. Und doch stehen sie in der Tradition der Performance, verweisen auf Hamish Fulton’s „no walk, no work”, Tehching Hsiehs „Doing Time” und vielleicht auch auf Robert Walsers Spaziergänge. Ein unspektakuläres Gehen, das nicht vorankommen will, das in einer langsamen Zeit vergeht und schließlich kehrtmachen muss.

Die Konditionierung dieses Zeichnens auch im Kunstkontext führt zuallererst auf die eigene Physis zurück. Zuber vermisst eher deren Grenzen als die Grenzen des Blatts. (Und der Betrachter misst nach und singt mit). Ein Versuch nur ungefährer Vergewisserung, die sich den gemeinhin solche Unternehmung treibenden Nöten, der Idee eines Vorankommens, das gar zum Punkt findet, entzieht.

Es bleibt ein ‘treading water’, ein zweckloses Gehen und Weitergehen, wie bei Fulton von „water to water”.


 

on the show:

'Treading water' presents Isabel Zuber's repetitive, often serial and essentially performative drawing practice. In small, very small and large formats, as ephemeral, often room-filling wall works in situ and finally as performance of the drawing act, it is above all this: a futile, physical activity. That passes. It may dive in the daily production of volumes of small drawings, or, similarly exuberant, reach beyond the field of vision in her large formats or finally, in the two-handed act of writing, measuring the long unrolling paper up to the arms stretched out as wide as possible. Even in the small format, her writing is always illegible resulting in an unfinished sentence. Micro- (and Macro-) grams that encode nothing and give nothing to decode. Drawings likes scores of the singing of the unfinished sentence in a kind of prosody; beyond the level of the phoneme and beyond the signification of written language. A letting-go and letting-happen that, in ever new attempts, always only just succeeds in refraining from importance and meaning, in attempting the futile.

Especially in the small format, these drawings are like stills of a film that has been running for a long time. A self-portrait from 2003 may stand for this. A 52-minute video that shows her barely moving face as a sort of still life. A portrait that treads water and never intended to get to a point.

At the same time, despite the serial and repetitive character of her drawing practice, despite the performative peculiarity of her work, the validity of the individual drawing is not contested. Zuber's works find to a conclusion and form in every format. And yet they stand in the tradition of performance, referring to Hamish Fulton's "no walk, no work", Tehching Hsieh's "Doing Time" and perhaps also to Robert Walser's walks. An unspectacular walking that is not about getting anywhere, that passes in this slow time and finally has to get back.

The conditioning of this drawing practice, even in the art-context, leads back first and foremost to the own physique. Zuber measures her physical limits rather than the limits of the sheet. (And the viewer measures and sings along). An attempt at only approximate reassurance eluding the hardships that generally drive such undertakings, the idea of progress and coming to a point. 

It remains a 'treading water', a futile walking and walking on, as with Fulton from "water to water".